17. März 2022

Drohende Erblindung ist eine notstandsähnliche Situation

Retinitis pigmentosa: Krankenkasse muss rückwirkend Kosten für OkuStim Therapie übernehmen

Ein aktuelles Gerichtsurteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG) ebnet den Weg für die rückwirkende Erstattung der OkuStim-Therapie bei Retinitis Pigmentosa (RP). Eine Patientin hatte geklagt, da ihre Krankenkasse die Kostenübernahme mit der Begründung ablehnte, dass nicht mit einer drohenden Erblindung gerechnet werde müsse und dass der therapeutische Nutzen der TES noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bewertet sei.

Das LSG begründet seine Entscheidung auf Basis des nicht bestimmbaren, konkreten Prognosezeitraums bei RP. Demnach stellt der nicht umkehrbare Verlust der Restsehkraft und die drohende Erblindung eine notstandsähnliche Situation dar, auch wenn der Zeitpunkt, zu dem der irreparable Schaden eintritt nicht vorhersagbar ist. Die Erkrankung habe bei der Klägerin mit einer Einengung des Gesichtsfeldes auf 10° ein Stadium erreicht, in dem ein weiteres Zuwarten nicht mehr zumutbar wäre. Die transkorneale Elektrostimulation (TES) mit dem OkuStim-System hätte für die Klägerin in einem späteren Stadium keinen medizinischen Nutzen mehr. Die Krankenkasse der Klägerin muss nun die Kosten für die Anschaffung des OkuStim-Systems erstatten und ihre zukünftigen Therapiekosten übernehmen.

Die Klägerin hatte im Dezember 2017 bei ihrer Krankenkasse erfolglos einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die OkuStim Therapie gestellt. Sie hatte damals noch ein Gesichtsfeld von 10 Grad und einen Visus von 0,8. Mittlerweile hatte die Klägerin auf eigene Kosten mit der OkuStim-Therapie begonnen. Einer ärztlichen Stellungnahme folgend, stellt das Landessozialgericht in der Urteilsbegründung fest, daß sich bereits eine spürbare positive Einwirkung der TES auf den Krankheitsverlauf eingestellt habe.

Mit der OkuStim Therapie kann der fortschreitende Verlust des Gesichtsfeldes bei Retinitis Pigmentosa verlangsamt werden. In einer laufenden, vom G-BA beauftragten Erprobungsstudie werden die Effektivität und der Langzeitnutzen der Therapie untersucht. Erst mit einer positiven Nutzenbewertung kann eine reguläre Übernahme der Therapiekosten durch die Krankenkassen erfolgen. Für Selbstzahler ist das CE-gekennzeichnete OkuStim System über klinische Kompetenzzentren in mehreren europäischen Ländern erhältlich.